Vorsicht bei der Erbausschlagung

Wenn man auf das einem zugedachte Erbe zugunsten einer anderen Person verzichten möchte, muss man genau prüfen, ob diese Person auch wirklich den ausgeschlagenen Erbteil erhält.

Der Erbteil geht – was viele nicht wissen – an diejenigen Personen, die geerbt hätten, wenn man selbst vorher verstorben wäre. Unter Umständen erben dadurch anderen Personen als man zunächst gedacht hatte. Dieses Irrturm lässt sich grundsätzlich auch nicht durch eine Anfechtung der Erbauschlagung korrigieren, wie das Kammergericht Berlin (Az 19 W 50/19) in einem aktuellen Fall entschieden hat.

In dem Fall war der Mann verstorben und hinterließ seine Ehefrau und eine gemeinsame Tochter. Die Tochter schlug das Erbe aus, da sie es vollständig ihrer Mutter (der Witwe des Erblassers) zugute kommen lassen wollte. Durch die Ausschaltung erbte jedoch nicht Mutter (Witwe) allein, sondern auch die Mutter des Verstorbenen. Als die Tochter dies erfahren hatte, wollte sie die Erbausschlagung durch Anfechtung rückgängig machen.

Dies hat das Kammergericht jedoch abgelehnt, da der Irrtum nur ein sog. Motivirrtum war, der rechtlich nicht relevant ist.

Erbe ausschlagen oder nicht?

Keine Nachlassermittlung durch Behörden

Wenn ein Mensch verstirbt ist für die potentiellen Erben oft nicht einfach festzustellen, ob beim Nachlass das Vermögen oder die Schulden überwiegen. Was vielen nicht bekannt ist: Es gibt keine Behörde, der sich um Feststellung des Nachlasses kümmert und dem Erben mitteilt, was zum Nachlass gehört. Auch das Nachlassgericht teilt lediglich den Erbfall mit, weiss aber nicht, woraus der Nachlass besteht.

 

Die Hinterbliebenen müssen sich selbst einen Eindruck verschaffen. Dieses stellt sich jedoch häufig als schwierig bzw. unmöglich dar. Banken, Behörden, das Grundbuchamt etc. benötigen einen Legitimationsnachweis, bevor sie Auskunft über das Vermögen es Verstorbenen erteilen dürfen. Einen solchen Nachweis, z.B. Erbschein, erhalten die Angehörigen jedoch erst, wenn Sie Erbe geworden sind.

 

Erbe ausschlagen oder nicht?

Stehen die Hinterbliebenen erst noch vor der Entscheidung, ob sie das Erbe ausschlagen möchten oder nicht, können sie einen solchen Legitimationsnachweis nicht vorlegen und erhalten daher keine Auskunft. Was die Entscheidung für die Hinterbliebenen jedoch möglicherweise einfacher macht: Niemand muss wegen Schulden aus dem Nachlass sein privates Vermögen einsetzen. Hierfür gibt es beispielsweise die Nachlassverwaltung oder die Nachlassinsolvenz.

Möchten die Hinterbliebenen das Erbe ausschlagen, müssen Sie dieses grundsätzlich innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis von der Stellung als Erbe bei einem Notar oder dem Nachlassgericht erklären.

Schlagen alle Erben aus, bleibt der Staat als Erbe. Dieser haftet jedoch ebenfalls nicht für Schulden. Die Gläubiger gehen in diesem Fall leer aus.

Erbausschlagung kann rückgängig gemacht werden

Wer eine Erbschaft ausschlägt, kann diese Entscheidung unter bestimmten Voraussetzungen rückgängig machen. Dies setzt einen Irrtum voraus, ob eine Forderung zum Nachlass gehört oder nicht. Dann lässt sich die Erklärung über die Erbausschlagung anfechten, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung beschlossen hat (Az 3 Wx 12/16).

Eine unverheiratete und kinderlose Frau kam ums Leben. Deren Tante als gesetzliche Erbin schlug das Erbe zunächst aus. Dann erfuhr sie nachträglich, dass der Erblasserin Schadensersatzansprüche zustanden, die in den Nachlass fallen. Sie hat daraufhin ihre Erbausschlagung angefochten. Zu Recht, wie das OLG Düsseldorf nun entschied.

Nur Immobilien im Testament erwähnt – Folge: gesetzliche Erfolge bzgl. Restvermögen

Wenn in einem Testament nur eine Regelung hinsichtlich der Immobilie des Erblassers getroffen ist, aber das übrigen Vermögen (Barvermögen, Kontoguthaben) nicht erwähnt wird, gilt dafür die gesetzliche Erbfolge. Dies hat das Kammergericht Berlin in einem aktuellen Beschluss entschieden (Aktenzeichen 6 W 82/15).

In dem Fall vererbte ein verheirateter Vater eine Immobilie jeweils zur Hälfte an seine beiden Kinder, wie er in einem handschriftlichen Testament festhielt. Seine Ehefrau wurde ebensowenig erwähnt wie das erhebliche Geldvermögen.

Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob die beiden Kinder auch Erben des Geldvermögens geworden sind. Die Richter entschieden, dass die gesetzliche Erbfolge hinsichtlich des Geldvermögens gilt. Die Richter mussten das Testament auslegen und dabei entscheiden, ob der Erblasser seine wirtschaftliche Stellung allein durch seine beiden Kindern zu gleichen Teilen fortgesetzt sehen wollte, oder ob grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge gelten sollten und nur hinsichtlich der Immobilie eine Ausnahmeregelung gewünscht war. Die Richter kamen zu der Auffassung, dass letztere Auslegung den Willen des Erblassers darstellte.