Unfall bei der Probefahrt: Der Autohändler haftet in der Regel

Geschieht ein Autounfall während einer Probefahrt mit dem Fahrzeug des Autohändlers darf der Tester von einem Vollkaskoschutz ausgehen. Falls das Fahrzeug anders versichert ist, muss der Verkäufer vor der Probefahrt darauf hinweisen und sich eine Haftungsfreistellung unterzeichnen lassen. Es empfiehlt sich auch, den Zustand des Fahrzeuges vor der Probefahrt genau zu dokumentieren, um später Streit über etwaige Beschädigungen zu vermeiden.

Gutachten im Haftpflichtschaden- keine Vorlagepflicht !

Das AG Wolfsburg hat seine bisherige Rechtsprechung (u.a. U.v. 01.03.2016, 10 C 152/15) trotz weiterer Versuche der Haftpflichtversicherungen, die Rechte eines Unfallgeschädigten zu beschneiden, bekräftigt, wonach der Geschädigte nicht verpflichtet ist, der Versicherung vor dem Verkauf des Unfallwagens das Gutachten vorzulegen. Aktuell verlangt ein deutscher Versicherungsverein regelmäßig, dass der Geschädigte ihm vor Verkauf des Unfallfahrzeugs die Gelegenheit einräumen muss, den vom freien Gutachter ermittelten Restwert überprüfen zu können. „Mit diesem Versuch soll der Grundsatz, dass nur der Geschädigte Herr des sogenannten Restitutionsverfahrens ist, unterlaufen werden, um die von der Versicherung zu zahlende Schadenersatzleistung zu kürzen,“ erklärt Fachanwalt für Verkehrsrecht Dr. Benjamin Munte. Vor dem AG Wolfsburg scheiterten die Versicherungen erneut (U.v. 07.12.2016, 22 C 300/16 und 21.09.2016, 10 C 50/16), mit folgender Feststellung: „Entgegen der Ansicht der Beklagten hat den Kläger auch nicht die Pflicht getroffen, das Gutachten vor dem Verkauf des Fahrzeugs der Beklgten zur eigenen Überprüfung vorzulegen.“ Dies gelte auch dann, wenn der Geschädigte einen sogenannten ,Schadenservice aus einer Hand‘ wähle, ihm von der Werkstatt also mangels eigener Kenntnis ein freier Sachverständiger empfohlen werde (AG Wolfsburg, U.v. 01.03.2016, 10 C 152/15).

Im Übrigen entschied der BGH in einem vergleichbaren Fall ebenfalls, dass der Geschädigte das Gutachten vor dem Verkauf nicht vorzulegen habe (U.v. 27.09.2016, VI ZR 673/15).

Treibstoff im Tank ist beim Unfall zu ersetzen

Der Treibstoffinhalt im Tank eines verunfallten Kfz ist beim Totalschaden vom Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers zu ersetzen. Es ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, den Treibstoff abzuzapfen und zu verkaufen.

Dabei genügt ein Foto der Tankanzeige im Schadengutachten als Nachweis für die Menge (Urteil des AG Minden vom 22.09.2016 – AZ 19 C 30/16).

,Verwertungskosten‘ im Totalschadenfall

Erleidet ein Pkw durch einen unverschuldeten Unfall einen so erheblichen Schaden, dass der Gutachter keinen Restwert für den Unfallwagen ermitteln kann, darf der Geschädigte ohne weiteres die Verwertung des Fahrzeugs beauftragen. Die mit der Abwicklung der Verwertung (Verbringung zum Demontagebetrieb, Verwaltungskosten) entstehenden Kosten muss die eintrittspflichtige Versicherung bezahlen. Eine große deutsche Haftpflichtversicherung verweigert in letzter Zeit häufig diese Zahlung, da nach der Altfahrzeugverordung der Hersteller verpflichtet sei, Altfahrzeuge kostenfrei zurückzunehmen.
Diese Zahlungsverweigerung ist nach zutreffender Auffassung des AG Wolfsburg rechtswidrig, berichtet Fachanwalt für Verkehrsrecht Jan-Christoph Domdey: „Das Gericht hat erkannt, dass mit der streitigen Rechnung gerade keine Demontage- oder Entsorgungsarbeiten berechnet worden sind, sondern Abwicklungskosten der Verwertung, die nachvollziehbar entstanden und zu Recht abgerechnet wurden. “ Folglich war die Versicherung zur Zahlung zu verurteilen (AG Wolfsburg, U.v. 17.11.2016, 10 C 192/16).

Abschleppkosten sind vollumfänglich zu erstatten

Das Amtsgericht Wolfsburg hat in zwei aktuellen Entscheidungen (U.v. 17.11.2016; 10 C 192/16 und 22 C 91/16 U.v. 19.10.2016) die Rechte von Unfallgeschädigten gestärkt und die Schädiger bzw. die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung verurteilt, die unfallbedingten Abschleppkosten vollumfänglich zu bezahlen. Die Urteile sind richtungsweisend, da viele Haftpflichtversicherungen in jüngerer Vergangenheit Abschleppkosten für den Unfallwagen nur anteilig erstatteten. Die strategischen, häufig auf den ersten Blick geringfügigen, Kürzungen werden damit begründet, dass die Abschleppunternehmen angeblich einen zu hohen Preis abgerechnet hätten. Dieser Regulierungspraxis tritt das AG Wolfsburg mit deutlichen Worten entgegen und verurteilte die Versicherung zur Zahlung der restlichen Abschleppkosten.
„Die Urteile sind zu begrüßen, tragen sie doch der tatsächlichen Notsituation des Geschädigten Rechnung, der nicht auf den vom Schädiger ausgelösten Kosten sitzen bleiben darf,“  befindet Fachanwältin für Verkehrsrecht Annabell Pillar.

Handy am Steuer – kein Bussgeld bei Freisprechanlage!

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem aktuellen Urteil (Az. 4 Ss 212/16) einen Autofahrer freigesprochen, der sein Handy während der Fahrt in der Hand hielt und über die Freisprechfunktion des Mobilfunkgeräts telefonierte.

Wer sein Handy lediglich in der Hand halte und keine weiteren Funktionen nutze, verstoße nicht gegen die Straßenverkehrsordnung, wenn erüber die Freisprechanlage des Geräts telefoniere. Man dürfe ein Handy nicht nutzen, wenn der Fahrer das Telefon dafür aufnehmen oder halten müsse. Da aber dieses Halten für das Freisprechtelefonat nicht notwendig sei, hob das Gericht den Bußgeldbescheid der Ordnungsbehördeauf und sprach den Autofahrer frei.

Dieses Urteil ist in der juristischen Literatur umstritten. Fachanwalt für Verkehrsrecht Dr. Benjamin Munte empfiehlt im Sinne der Verkehrssicherheit während der Fahrt das Handy nicht in die Hand zu nehmen. „Zudem ist das Urteil nicht für andere Gerichte bindend. Man kann sich daher nicht darauf verlassen, das andere Gerichte in gleicher Weise entscheiden würden“, ergänzt Dr. Munte.

Was Autofahrer an Halloween beachten sollten

Wer in Halloween-Laune ein PKW fährt, sollte einige Punkte beachten:

  • Es ist grundsätzlich erlaubt, am Steuer verkleidet zu sein, auch wenn man dadurch bei einem Blitzerfoto nicht mehr erkannt wird. Allerdings darf das Kostüm keinesfalls die Sicht oder das Gehör des Fahrers beeinträchtigen. Führt das Kostüm zu einer Behinderung der Sicht liegt eine Ordnungswidrigkeit vor.  Wird hierdurch jemand verletzt, liegt in der  Regel eine Straftat vor.
  • Kann der Fahrer bei Verkehrsordnungswidrigkeit aufgrund des Kostüms nicht erkannt werden und muss das Verfahren gegen den Fahrer eingestellt werden, muss der Halter des Fahrzeuges mit der Auflage eines Fahrtenbuches rechnen
  • Sind die Schuhe für das Fahren es Fahrzeuges ungeeignet und kommt es beispielsweise zu einem Unfall, weil der Fahrer vom Bremspedal abrutscht, drohen ihm nicht nur zivilrechtliche Ansprüche des Geschädigten, sondern auch Bußgelder oder Strafen.

Falschparken: Handynummer hinterlassen hilft nicht gegen Abschleppen

Ein privater Grundstücksbesitzer darf im Regelfall einen Falschparker sofort abschleppen lassen. Auch wenn der Falschparker hinter seiner Windschutzscheibe einen Handynummer hinterlassen hat und verspricht, bei Anruf den PKW sofort zu entfernen. Solche Hinweise braucht der Grundstückseigentümer in der Regel nicht zu beachten. Die Kosten für das Abschleppen (häufig mehrere Hundert Euro) trägt der Falschparker. Wie das Amtsgericht München in einer Entscheidung vom 2. Mai 2016 (AZ 122 C 31597/15) entschied, ist der Grundstückseigentümer nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gebunden und kann den Zettel des Falschparkers grundsätzlich ignorieren.